„Damit wir uns nicht mehr im Kreise drehen und immer wieder das Gleiche schreiben müssen, warten wir doch ab, bis Sie Ihre These mit einer harten klinischen Doppel-Blind-Studie belegen können. Wenn diese vorliegt, kann man sicher weiter diskutieren.“
Einmal davon abgesehen, dass wir die Endodontie betreffend keine einzige Studie kennen, die diese von uns Allgemeinzahnärzten am Ende vieler Diskussionen als Beleg für die Überlegenheit unseres Desinfektionsprotokolls (Timbuktu-Methode) bei der Behandlung der Endodontitis eingeforderten, knüppelharten Kriterien erfüllt, ist es schon ernüchternd, dass wir offensichtlich auch dann noch weiterdiskutieren müssten, falls uns diese heroische Erstbesteigung denn wider aller Erwartungen gelänge.
Nichtsdestotrotz müssen wir diese Überzeugungsarbeit natürlich leisten. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir bei der Ausbildung unserer Assistenten kontinuierlich mit diesem Problem konfrontiert sind. Die jungen Kolleginnen und Kollegen haben schließlich auf der Uni gelernt, nach dem international anerkannten, so genannten „Goldstandard“ zu behandeln und stehen, weil sie ihre Lehrer verehren und nur den Elfenbeinturm kennen, unserem Protokoll in aller Regel noch kritischer gegenüber als die praxiserfahrenen Endodontologen, die ja schon allesamt über ausreichend persönliche Erfahrung mit unerklärlichen Misserfolgen bei auf den ersten Blick einfachen Fällen verfügen. Dies um so mehr als die jungen Kollegen in aller Regel von ihrer Uni nicht darüber aufgeklärt werden, dass bei Anwendung des erlernten Protokolls
- fast 8 % der eindeutig vitalen, röntgenologisch nicht beherdeten Zähne bereits innerhalb eines Jahres eine apikale Aufhellung entwickeln, und zwar völlig unabhängig davon, ob sie nun in erster Sitzung abgefüllt oder mit einer Zwischeneinlage mit Ca(OH)2 behandelt wurden (Gesi et al, 2006),
- die Erfolgsquote bei nicht beherdeten Zähnen in evidenzbasierten Studien nur um 80% und diejenige bei beherdeten Zähnen lediglich um 70% (Kojima et al, 2004) und
- die Ausheilungsquote bei Revisionen nur um 60% beträgt (Sjögren et al., 1997).
Das Tolle an der unmittelbaren Beziehung in der täglichen Praxis ist zum Glück, dass sich im Sinne des „don´t tell me, show me!“ sehr schnell die Gelegenheit ergibt, den Beweis unmittelbar an einem konkreten Fall anzutreten. So nachhaltig und diskussionsarm wie bei unserer jetzigen, ausgesprochen talentierten Assistentin, die schon mehr als die Hälfte ihrer Assistentenzeit absolviert hatte, als sie zu uns kam, geht es allerdings nicht immer. Allerdings hat noch kein Kollege seine Ausbildungszeit bei uns als nicht überzeugter „Timbuktuaner“ beendet.
Die jetzige Assistentin hatte in 2005 in ihrer „alten“ Praxis bei einer ihrer engsten Freundinnen einen nur leicht beherdeten, jedoch persistierend missempfindlichen Zahn 46 nach allen Regeln ihrer zahnärztlichen Kunst nach dem wissenschaftlich anerkannten Goldstandard unter Wechselspülung mit hochprozentigem Natriumhypochlorid und EDTA revidiert und danach mehrfach mit einer Einlage von Ca(OH)2 versorgt. Die mehrjährig bestehende Missempfindlichkeit ging zwar unter der eingeschlagenen Therapie deutlich zurück, klang jedoch nie vollständig ab. Nachdem keine weitere Besserung zu erreichen war, hatte sie den Zahn schließlich entnervt abgefüllt. Insbesondere bei Bekannten, die über ihre Beschwerden ja nicht nur berichten, wenn sie einen in der Praxis aufsuchen, ist ein solcher Verlauf natürlich besonders frustrierend.
Anfang Juli 2006 stelle sich die Patientin mit wieder verstärkten Beschwerden am 46 in unserer Praxis vor, der diesmal unter konsequenter Anwendung des Timbuktu-Protokolls erneut konservierend behandelt und Ende August 2006 bei schnell erreichter, endlich vollständiger klinischer Beschwerdefreiheit abgefüllt werden konnte.
Wir sind aufgrund unserer Erfahrung ausgesprochen sicher, dass der überpresste Sealer (Endomethasone N) innerhalb der kommenden Jahre unter röntgenologisch knochendichter Ausheilung kontinuierlich und letztlich vollständig resorbiert werden wird.