…….ausgesprochen be….scheiden. Und wenn es sich dann (zufällig?) auch noch um eine Bekannte handelt, dann braucht es schon ein ziemlich breites Kreuz und Erfahrung, um nicht an sich selbst zu verzweifeln und sie am langen Ende mit viel Geduld und noch mehr Leidensfähigkeit dennoch zu einem glücklichen Ende zu bringen.

Präprothetisches Ausgangs-OPT im Juni 1991 (Klick!)

Die relativ junge Patientin stellte sich damals mit einem Abszess in regio 17/18 vor. Der gesamte Oberkiefer sah damals schon nicht gut aus. Typischer Röntgen-Befund einer starken Bruxerin (Ein-Blick-Diagnose) mit passender psychosozialer Anamnese. Heute würden wir so einen Fall sicher ganz anders angehen (sofortige Ex der beiden OK-Achter, sofortige EKR der beiden OK-Brücken mit WF nach sorgfältiger Desinfektion von 17, 15 25 und 27), sofortige Neuversorgung mit jeweiliger Verblockung inklusive der Vierer, wenn nicht sogar der Dreier, usw.) und hätten so den 17 und 27 sicher langfristig erhalten und die Erzeugung von Freiendsituationen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit genau so langfristig vermeiden können. Aber damals waren wir noch so herrlich jung und unerfahren, und es handelte sich darüber hinaus ja auch um eine Bekannte……. Deshalb haben wir damls aus heutiger Sicht leider nur die rechte Seite neu versorgt, auf der die Beschwerden aufgetreten waren.

Immerhin hatten wir schon begriffen, welche fatalen Folgen „schlechte Gewohnheiten“ in einem menschlichen Gebiss haben können, hatten bereits gelernt, ihre in einem solchen Fall aus unserer heutigen Sicht offensichtlichen Zeichen richtig zu deuten, hatten bereits Erfahrung mit den Segnungen der Timbuktu-Methode (schauen Sie einmal, wie sich die Situation am 15 über die Jahre gehalten, bzw. sogar trotz des Freiendbrückengliedes verbessert hat) und – das war wohl das Wichtigste- hatten der Patientin plausibel machen können, wie essentiell das konsequente Tragen einer Aufbissschiene ist, wenn man unter dieser Grunderkrankung leidet, nichtsdestotrotz aber seine Zähne erhalten möchte.

Die Situation blieb in der Folge über Jahre erstaunlich stabil. Im Sommer 2001 haben wir die Oberkiefer-Frontzähne überkront (Einzelkronen, sekundär verlötet), weil sie auszuwandern begannen. Im Oktober 2002, also genau vor einem Jahr, konnte dann die Neuversorgung des 2. Quadranten nicht länger vermieden werden. Die Brücke von 25 auf 27 war mittlerweile über 20 Jahre alt. Zunächst lief alles glatt. Bei der Eingliederung berichtete die Patientin jedoch über undefinierbare Beschwerden während der provisorischen Versorgung, die uns glücklicherweise veranlassten, die neue. Brücke nur provisorisch zu zementieren, was wir nur in Ausnahmefällen machen. Dann ging es Schlag auf Schlag:

* starke Schmerzen im Bereich 27/28 im November 2002. Der 28 ist hypersensibel, klopfempfindlich und stark gelockert. Da wir den eigentlich immer schon als überflüssig erachteten (die Patientin hing aber so daran, und Sie wissen ja, bei Bekannten….) waren wir eigentlich froh, ihn endlich extrahieren zu können um 27 zu schützen. Die Patientin wird schlagartig beschwerdefrei.

* erneute starke Beschwerden im Dezember 2002, der 25 ist hypersensibel auf Kälte und klopfempfindlich. Es erfolgt die VitE (2 Kanäle) und die sorgfältige Desinfektion. Unter Ledermix und (am nächsten Tag) CHKM-Einlage wird die Patientin nach üblich kurzer Zeit völlig beschwerdefrei. Wir waren uns sicher, dass es das nunmehr war.

* erneute starke Beschwerden im Januar 2003. Jetzt ist 27 klopfempfindlich und empfindlich auf Wärme. Es erfolgt die VitE und wir beginnen mit unserer üblichen Desinfektionstour. Egal, was wir in den Zahn auch reintun (oder auch nicht), die Beschwerden werden immer stärker. Auch Antibiotika helfen genau so wenig wie das Abnehmen der Brücke und das Wiedereingliedern des (gekürzten) Provisoriums, damit sich der Zahn ohne „eingesperrt“ zu sein, verlängern kann.. Dabei ist der Zahn gar nicht einmal so stark gelockert, höchstens L=I. Als die Beschwerden von der Patientin als „höllisch“ und auch unter starken Schmerzmitteln „nicht länger erträglich“ bezeichnet werden, entschließend wir uns zur Extraktion. Dabei finden wir eine nicht einmal besonders ausgeprägte interradikuläre Zyste, die weder auf dem Röntgenbild noch mit der Sonde zu diagnostizieren war. Immerhin wird die Patientin nahezu schlagartig beschwerdefrei.

Wir haben dann die Krone 27 von der Brücke abgetrennt und provisorisch eingegliedert und nach einer entsprechend langen Wartezeit in regio 27 implantiert.

Wie man sieht, verwenden wir lieber kürzere Implantate als möglich wäre, versenken sie aber dafür tief. In Kombination mit einer einfachen Schnitttechnik (deutlich lingual), sofortigem Einsetzen eines möglichst hohen Ästhetik-Plus-Abutements bei Verzicht auf Um- oder Ausschneidung (nichts geht an Gingiva verloren, sie wird vielmehr wulstig aufgeworfen) führt das zur Ausbildung von natürlich erscheinenden Pseudopapillen und in der sehr deutlichen Mehrzahl der Fälle zur völligen Vermeidung (wenn sie gelegentlich einmal auftreten, sind sie sehr gering und erreichen nie annähernd Gewindeniveau) vertikaler Einbrüche auch bei langen Einheilphasen.

Hoffentlich war’s das jetzt wirklich.

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