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Man soll einfach nicht angeben. Es ist ja noch gar nicht so lange her, dass wir  diesen Fall vorgestellt haben.

Im Dezember 2000 stellte sich die Patientin mit Schmerzen und geschwollener Backe im dritten Quadranten bei uns vor. Es zeigte sich ein ausgedehnter Abszess im Bereich 37/36 und 35/36. Der 37 war devital, 36 hypersensibel und 35 und 34 normal vital. Alles war locker. 37 und 36 L=II, 35  I-II, 34 0-I.

Therapie: Hochdosiert Doxycyclin für 4 Wochen, Trep und WK von 35, 36, 37.  Sorgfältige, lange Desinfektion nach der Timbuktu-Methode. 

Unter dieser Therapie zunächst nur sehr zögerliche Besserung und Reduzierung der Lockerungsgrade. Erst nach Hemisektion  36 mit geleichzeitiger Augmentation mit Cerasorb, WF und Schienung über ein verblocktes Provisorium deutliche Remission.

Das linke Bild zeigt den dritten Quadranten Ende Januar 2001 unmittelbar nach WF, Hemisektion und Augmentation. Jetzt sieht man auch, warum der 35 gelockert war. Er war - obwohl er auf Kältereiz vital reagierte- deutlich beherdet.  Eine Membran wurde nicht verwendet, sondern es wurde einfach sehr dicht vernäht (Koffernaht).

zum Vergrößern bitte auf die Bilder klicken

Das linke Bild zeigt das im April 2001 eingegliederte, faserverstärkte (Ribbon-Band) laborgefertigte, verblockte Provisorium (34,35,36,37). Die Lockerungsgrade waren beim Einsetzen: 34 L=0, 35 L=0-1, 36 L=I-2, 37 L=1.  Der gesunde Zahn 34 wurde aus Stabilitätsgründen mit in die Versorgung mit einbezogen. 

Die Schleimhaut imponiert hier entzündlich. Das liegt am Photo. Sie ist in Wirklichkeit wieder völlig unauffällig blass rosa.

 

Da der Fall nicht ganz sicher in der Prognose war, haben wir das Provisorium fest zementiert (geringere Bruch- und Lockerungsgefahr). Eine feste Schienung halten wir in einem solchen Fall für unbedingt indiziert. Deshalb haben wir auch den festen 34 integriert. Wir werden das Provisorium so lange belassen, bis es nicht mehr funktionstüchtig ist und hoffen, dass es zumindest für 3 Monate halten wird, am liebsten sechs. Eine solche Versorgung stellt eine für alle Beteiligten  ausgesprochen günstige Übergangslösung da. Für den Zahnarzt, weil er eine lange Exspektationsphase einschieben kann,  für die Patientin auch,  insbesondere dann, wenn die finanziellen Mittel momentan beschränkt sind und sie das wesentliche Geld erst dann ausgeben muss, wenn die gute Langzeit-Prognose mit großer Wahrscheinlichkeit gesichert ist.

Dieser Fall ist unter mehreren Aspekten interessant und lehrreich.

Interessant, weil es sich um eine Patientin handelt, die sich im wahrsten Sinne des Volksmundes durch das Leben beißt, was zu dem Eingangszustand geführt hatte. Eine Kombination aus Parodontitis und schlechten Angewohnheiten ist wohl das schlimmste, was dem Parodontium zustoßen kann. Lehrreich, weil dieser extreme Befund über eine lange Periode persönlicher Zufriedenheit ohne großen Aufwand stabil gehalten werden konnte..

Interessant und lehrreich aber insbesondere deshalb, weil die plötzliche, wuchtige Exazerbation  mitten in einer persönlichen Lebenskrise aufgetreten ist.

Kontrolle  im Februar 2002,  1 Jahr nach Augmentation mit Cerasorb ohne Membran (Klick!).

1 Jahr nach Augmentation bei Zustand nach Hemisektion und WF ohne Membran, sondern lediglich durch dichtes Vernähen stellt sich die Situation so dar. Die Resorption des Cerasorbs findet zumindest in diesem Fall deutlich langsamer statt als von der Werbung versprochen. Es scheint jedoch so zu sein, das mesial der ursprünglichen distalen Wurzel eine Augmentation oberhalb des ursprünglichen Knochenniveaus der ehemaligen mesialen Alveole stattfindet. Ob das nun Knochen ist oder nur etwas knochenähnliches spielt ja in diesem Fall im Gegensatz zur Implantologie nicht die entscheidende Rolle, da hier der parodontalhygienische Aspekt im Vordergrund steht. Die ursprüngliche Wunde ist dicht verschlossen und es gehen keine Cerasorb-Kügelchen mehr ab. Auf eine Sondierung haben wir wegen der Reizlosigkeit der Situation verzichtet.

Klinisch ist die Situation einwandfrei. Das zementierte laborgefertigte Provisorium ist erstaunlicherweise immer noch nicht gebrochen und die Patientin völlig beschwerdefrei.. Wenn man diese Provisorien faserverstärkt und zementiert halten sie manchmal überraschend lange (die Regel ist eher ein halbes Jahr). Der ganze Verbund weist einen Lockerungsgrad von L=0 auf und federt nicht. Mögliche  Lockerungsgrade der Einzelstümpfe können wir nicht beurteilen, da wir das Provisorium nicht abnehmen konnten.

Insgesamt (insbesondere aufgrund der noch mangelhaften Resorption des Cerasorb) sehen wir keinen Grund in Aktionismus zu verfallen, sondern werden weiter zuwarten bis das Provisorium den Weg allen Irdischen geht, um dann eine festsitzende Versorgung einzugliedern.

Im November 2003, also gut eineinhalb Jahre nach Eingliederung brach das Provisorium. Die klinische Untersuchung ergab völlig reizlose Verhältnisse mit  L=0 bei allen Pfeilern.

Composite Aufbaufüllungen in SÄT im November 2003 (Klick!) 

Definitive Brücke von vestibulär (Klick!)

Von okklusal mit extrem abrasiv gestalteten Kauflächen (Klick!)

Unmittelbar nach definitiver prothetischer Versorgung im Dezember 2003, knapp 3 Jahre nach WF, Hemisektion und Augmentation mit Cerasorb (Klick!)

Unmittelbar nach Augmentation im Januar 2001 (Klick!)

Unmittelbar nach prothetischer Versorgung im Dezember 2003 (Klick!)

Wenn man die beiden oberen Bilder vergleicht, so scheint die Augmentation mit Cerasorb in diesem Falle (keine Membran, nur dichter Nahtverschluss) ausgesprochen gut gelungen. Die Resorption schreitet langsam aber kontinuierlich voran und es sieht so aus, als würde das Augmentat seine ursprüngliche Höhe beibehalten.  Mesial vom hemisezierten 36 erkennt man sogar einen kleinen Hügel. Klinisch ist keinerlei Tasche sondierbar und keinerlei Blutung bei vorsichtiger Sondierung provozierbar.

Ausgangs-OPT 1992 (KLick!)

Knapp 12 Jahre später Ende 2003 (Klick!)

Der Vergleich des Ausgangs-OPT's aus Januar 1992 mit demjenigen unmittelbar nach prothetischer Versorgung des 3. Quadranten im Dezember 2003 zeigt den insgesamt stabilen Zustand der Situation (17 wurde bereits 1992 extrahiert, 18 in 2001). Das neue OPT ist leider ein wenig dunkel. Bei starkem Licht ist jedoch erkennbar, dass auch im Oberkiefer praktisch kein weiterer Knochenabbau stattgefunden hat. Wenn man bedenkt, dass hier bereits 1992 unter der Diagnose "Therapieresistente Parodontitis" serienweise extrahiert, augmentiert und implantiert werden sollte.......

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