Die verwendeten Materialien

Von der Prämisse ausgehend, dass bei aller Mühe, die man darauf verwenden  sollte,  das Kanalsystem durch sorgfältige  mechanische Aufbereitung zu reinigen, sind wir aufgrund der Anatomie, der Pathologie und unserer praktischen Erfahrung zu der sicheren Überzeugung gelangt, dass dies bei der Gangrän-Behandlung in den meisten Fällen nicht gleichzeitig sicher, schnell  und mit voraussagbarem Erfolg gelingen kann.  Bakterien, insbesondere ihre anaeroben Varianten, sind wahre Weltmeister im Überleben und finden im weitverzweigten Wurzelkanal-System unzählige Nischen, Verzweigungen und Seitenkanälchen, in denen sie sich verstecken und vermehren können.  

1) Desinfiziences:

a) CHKM   nach Prof. Dr. Walkoff. (http://www.hauptdental.de/chkmenglish.htm)    

ChkM ist eine ölige Mischung aus Chlorphenol, Campher und Menthol, dessen hohe bakterizide Potenz insbesondere gegen anaerobe Bakterien in vielen Untersuchungen nachgewiesen wurde. CHKM hat beispielsweise gegenüber Calciumhydroxit eine um das 4-fache gesteigerte Wirkung. Eine weitere angenehme Eigenschaft ist die ausgesprochen hohe Kriechfähigkeit, die es diesem Medikament erlaubt, durch Kapillarität in all die Nischen vorzudringen, die der mechanischen Reinigung nicht zugänglich sind. Darüber hinaus ist es sehr schmerzstillend.

Das einzig wesentliche  Argument, das  überhaupt gegen ein Zwischeneinlage mit CHKM vorzubringen zu sein scheint, ist dessen schlechter Geruch und Geschmack. Wir halten dieses Argument im Hinblick auf den medizinische Nutzen eines Medikaments für ausgesprochen abwegig. Zumal man sehr gute  Argumente hat,  jeden Patienten davon zu überzeugen, diesen kleinen Nachteile im Sinne des Erhalts der natürlichen Zähne gerne in Kauf zunehmen. Vom zahnärztlichen Standpunkt ist eine Einstellung "So etwas furchtbares kann ich meinen Patienten nicht zumuten, lieber extrahiere ich einen  durch dieses Medikament möglicherweise erhaltungswürdigen Zahn" ja kaum nachvollziehbar.

In der Literatur wird angegeben, dass ChkM vorzugsweise mit einem Watte-Pellet appliziert wird. Wir nehmen es reichlich mit einer sterilen Pinzette direkt im Fläschchen auf (Pinzette in der Flüssigkeit schließen) und öffnen diese in Kontakt mit dem jeweiligen Kanal leicht. Die Flüssigkeit fließt dann aus der Pinzette. Manche applizieren es über Papierspitzen. Unserer Erfahrung nach ist diese Vorgehendweise kontraproduktiv. 

Über Nebenwirkungen von ChkM gibt es in der Literatur wenig zu berichten. Es gilt als weitgehend nebenwirkungsfrei. In unserer eigenen mehr als 15-jährigen Erfahrung (zusammen mit unserem Lehrer verfügen wir mittlerweile über eine 50-jährige Erfahrung)  können wir lediglich über zwei wahrscheinlich durch ChkM induzierte Komplikationen berichten.

In beiden Fällen handelte es sich um gangränöse Unterkieferzähne aus der  Anfangszeit. Hier muss es (wahrscheinlich über den verbindenden Nerv-Kanal  zu größerem Kontakt von ChkM mit dem n. mandibularis gekommen sein. Es kam zu einer anhaltenden, schmerzhaften Reaktion, die aber unter Einlage von Ledermix und oraler Gabe eines hochdosierten Vitamin-B-Komplex-Präparates kontinuierlich abnahm und nach 4 Wochen verschwunden war. 

Heute wissen wir, wie man solche Komplikationen vermeidet. Liegt röntgenologisch der Verdacht auf besondere Nähe des mandibularis vor, genügt es, den Zahn nach der Aufbereitung für einen Tag mit Ledermix zu versorgen, um einen ausreichenden Verschluss der möglichen Verbindung zu gewährleisten. Beide Zähne konnten übrigens erhalten werden. Im Oberkiefer, wo ja die Kieferhöhle häufig recht nahe ist, haben wir keinerlei derartiger Zwischenfälle erlebt. Im Falle der Fälle muß man sich klar machen, dass eine Entfernung des Zahnes keinerlei Erleichterung bringen wird, da der Schmerz ja im Hauptnerv sitzt. Man muss vielmehr zuwarten und den betroffenen Patienten beruhigen und ermutigen.

 

Wir halten die indikationsgerechte Anwendung von ChkM  für den entscheidenden Faktor innerhalb unseres Endodontie-Konzeptes.

 

b) H2O2

 H2O2(3%) benutzen wir reichlich zum Spülen bei der Aufbereitung und beim Wechseln der Einlagen.

 

c) Calciumhydroxit

Wir benutzen Calxyl nach Abschluss der ChkM-Behandlung als Probe-WF. Wenn der Patient diese Einlage unter dichtem Zement-Verschluss  3-4 Wochen ohne jegliche Beschwerden toleriert hat, gehen wir zuversichtlich davon aus, dass risikolos abgefüllt werden kann. Bei extremen Fällen (sehr große Aufhellung, Fistel, Zust. n. abgeheiltem Abszess, usw.) wechseln wir diese Einlage bis zu 4 mal.

 

d) Ledermix

Ledermix wenden wir bei Zähnen in der Regel  für einen (Verschluss nur mit Watte) bis  maximal 3 Tage (Verschluss mit Watte und Cavit) an, bei denen wir uns nicht so sicher sind, ob überhaupt eine Gangrän vorlag (mögliche Induktion von Schmerz bei sehr vitaler Pulpa) , oder bei solchen, bei denen wir eine Diffusion zum n.mandibularis für wahrscheinlich halten.

2. Sealer

a) EndomethasoneN (Pulver)                                                                                   EndomethasoneN (Flüssigkeit)

 

Hydrocortisone-Acetat .......................................................... 1,0 g                           Eugenol........................91.0 ml                 

Excipiens: Dijodothymol, Bariumsulfat,Zinkoxyd                                                  Excipiens ad.............100.0 ml.

Magnesiumsrearat, ad.......................................................100,0 g

 

EndomethasoneN gilt bei den Spezialisten als überholt. Nichts desto Trotz wird es weltweit in großem Volumen angewendet. In der Schweiz benutzen 81% der Zahnärzte entweder Endomethasone oder N2. Wir halten den Sealer nicht für den entscheidenden Faktor in unserem Konzept. In der Anwendungsbeschreibung wird EndomethasoneN als "nicht resorbierbar" beschrieben. Das kann jedoch nur für den Bereich in der Wurzel gelten. Denn wir verwenden EndomethasoneN gerade wegen seiner ausgezeichneten Resorbierbarkeit bei Überstopfung, der anschließenden knochendichten Ausheilung und unserer langen Erfahrung. Resorptionen innerhalb der Wurzel sehen wir auch nach vielen Jahren selten und werten sie als Misserfolg, da diese in unseren Augen  für einen erhöhten Stoffwechseln im Sinne einer fortbestehenden Entzündungsreaktion sprechen würden. 

Während der Zeitspanne, über die wir über unsere Erfahrungen mit Endomethasone aus erster Hand berichten können (mehr als 50 Behandlerjahre) wurde die Zusammensetzung geändert und das früher enthaltene Formaldehyd entfernt(in den USA als Endomethasone Ivory im Handel). Wir haben dadurch keine Verschlechterung  in unseren Ergebnissen beobachtet. 

Wenn Sie sich die hier dokumentierten Fälle ansehen, werden Sie verstehen, warum wir uns schwer tun, ein derart erfolgreiches Konzept zu ändern. 

Gerne würden wir vergleichbare Fälle sehen, in denen ein anderer, modernerer, resorbierbarer Sealer mit selbem Erfolg  angewendet wurde. Wir rühren Endomethasone pastös an.

 

b) Guttapercha

Wir verwenden genormte Guttaperchaspitzen in der Einstift- bei größeren Kanälen in der Mehrstift-Technik. Da wir regelmäßig Assistenten ausbilden, wurden in unserer Praxis auch schon verschiedene Kondensations-Techniken durchgeführt. Wir haben dadurch weder eine Verbesserung noch eine Verschlechterung beobachtet.

Da wir bei deutlich beherdeten Zähnen gezielt überinstrumentieren, um dem Desinfizienz den Weg in das Entzündungsgeschehen zu bahnen, achten wir peinlich darauf, keinerlei Guttapercha über den Apex hinaus zu bringen. Bei den wenigen Zähnen, die wir nach WF extrahieren oder resezieren  mussten (es sei denn, es handelte sich um eine palliative Maßnahme) haben wir häufig  festgestellt, dass überstopfte Guttapercha zu finden war. Deshalb benutzen wir gerne etwas dickere Stifte, um den Sealer lediglich zu kondensieren. 


3. Einbringinstrumente

Past-Injekt Füller von Mikro Mega Es handelt sich um ein Instrument, das erstaunlicherweise nur wenig bekannt ist. Es erfüllt die gleiche Funktion wie der Lentulo, hat aber eine völlig andere, wesentlich besser transportierende Form, ist deutlich unanfälliger gegen Frakturen (wir haben bisher trotz regelmäßiger Sterilisation noch keine gesehen) und erzeugt so gut wie nie Luftblasen. Es gibt diese Instrumente in verschiedenen Größen. Wir benutzen in der Regel die blauen. Wir geben mit dem grünen Winkelstück mittleres Gas und füllen pro Kanal ca. 20-30 Sekunden, indem wir das Instrument rauf und runter bewegen. Durch den Pressdruck kann es gelegentlich zu einer leichten Schmerzreaktion kommen, so dass es angezeigt ist, dem Patienten zu sagen, dass er gleich etwas merken wird. Abgefüllte Seitenkanäle sehen wir regelmäßig. Wir halten es für das ideale Instrument, Sealer mit dem notwendigen Nachdruck einzurotieren.

 

4. Aufbereitungsinstrumente

Wir benutzen Handinstrumente (Hedströmfeilen) für die sehr dünnen Instrumente und die deutlich gebogenen Kanäle. Bei größeren Durchmessern und geraden Kanälen benutzen wir die alte Giromatic von Mikro Mega mit Girofiles, um die Arbeit zu erleichtern und zu beschleunigen. Hier kommt es sehr darauf an, die Achse richtig zu halten, um Frakturen zu vermeiden. Wir sind ziemlich großzügig mit Instrumenten, um Frakturen zu vermeiden, glauben jedoch, das die Zeitersparnis durch scharfe Feilen die Großzügigkeit mit Instrumenten kompensiert. Dabei achten wir darauf, wirklich zu feilen, wie es ein Feinmechaniker tut. Wir fühlen viel und fühlen die Kanäle selten rund. Deshalb bemühen wir uns an der Kanalwand entlang in alle Nischen zu feilen. Dies erleichtert dem nächst größeren Instrument zudem den Zugang.

 

 Wenn man lernt zu fühlen, wird man immer seltener sehen wollen. Wir denken, dass wir den Apex in der Mehrzahl der Fälle erfühlen können. Messaufnahmen fertigen wir nur an, wenn wir unsicher sind oder aber, wenn wir sicher sein wollen, Zugang zum Entzündungsherd jenseits des Apex gefunden zu haben. Dadurch ersparen wir unseren Patienten eine vermeidbare Strahlenbelastung.

 

5. Verschlussmaterialien

a) Watte

Wir benutzen Watte-Pellets für das, wie wir es nennen, "bedingte Offenlassen". Je nach Beschwerdebild stopfen wir diese unterschiedlich dicht. Da die Watte sich mit dem Überschuss an ChkM oder Ledermix voll saugt, bildet sich ein zuverlässiger Schutz gegen die Reinfektion aus der Mundhöhle für zumindest ein oder zwei Tage. Wir weisen die Patienten aber strikt an, diese Watte bei Verlust sofort zu ersetzen, damit sich keine Speisereste in die aufbereiteten Kanäle pressen.

 

b) Cavit

Zum temporären Verschluss für maximal 10 Tage verwenden wir graues Cavit, da es zum Zwecke des Einlagenwechsels mit dem Ultraschall-Gerät schnell und leicht zu entfernen ist. Wir legen etwas Watte unter, um die Eingänge der Kanäle zu schützen und ein wenig Raum für Restgase zu lassen.

 

c) Zement

Für den temporären, dichten Verschluss für maximal 6 Wochen (meist Probe-WF mit Calxyl), verwenden wir Havard-Zement. Auch hier legen wir ein wenig Watte unter, um die Kanäle frei zu halten.

 

d)Entgüliger Verschluss und Aufbaufüllung

Wir sind dazu übergegangen, die Zähne nach der WF mit Kunststoff in Säure-Ätz-Technik zu verschließen, um einen optimal dichten Verschluss der Kanäle gegen Reinfektionen zu sichern. Lediglich die Kanaleingänge  schützen wir mit etwas Havard, um ein Wiederauffinden zu ermöglichen. Dieses Verfahren sichert einen soliden Stumpf und kann als Aufbau gut beschliffen werden. Seit wir diese Technik anwenden ist unser Verbrauch an Stiften besonders im Backenzahnbereich deutlich zurückgegangen.