Jede Behandlungsmethode, sei sie auch noch so erfolgreich, hat ihre Grenzen, was selbstverständlich auch auf die Timbuktu-Methode zutrifft. Um diese Grenzen kennen- und beschreiben zu lernen, bleibt keine andere Möglichkeit als sie in Absprache mit dem und nach sorgfältiger Aufklärung des betreffenden Patienten über Chancen und Risiken auszuloten. Eine ganz besondere Motivation und Gelegenheit so zu verfahren ergibt sich immer dann, wenn man sich gefordert sieht, Kastanien aus dem Feuer zu holen, die man wenn auch in guter Absicht selbst hineingelegt hat.

Unter Erweiterung unserer Indikationsstellung zum Zahnerhalt revidieren wir unter sorgfältiger Desinfektion zunehmend Wurzelfüllungen relativ erfolgreich konservierend an Zähnen, die nach WSR exazerbieren und werden in absehbarer Zeit die ersten Fälle zeigen können.

Nach der Literatur verlaufen ja nur ca. 50% der Wurzelspitzenresektionen (nicht nur) in Deutschland langfristig erfolgreich. Im Gegensatz zu anderen Autoren, die für diese niedrige Frequenz eher Unzulänglichkeiten in der chirurgischen Technik verantwortlich machen, sehen wir daneben die grundlegende Ursache darin, dass die Exazerbation nach WF ein sehr deutliches Zeichen für belassene Keime aufgrund mangelhafter Desinfektion ist, wodurch es in zahlreichen Fällen im Verlauf zur Vermehrung und zur Besiedlung des ganzen Systems inklusive der Wurzelfüllung und der Tubuli mit diesen Keimen kommt, was die logische Konsequenz hat, dass die WSR mit Ausräumung der periapikalen Knochenentzündung in diesen Fällen wiederum nicht alle Keime beseitigen kann und in der Folge nur zu einem neuen Gleichgewichtszustand zwischen Angriff und Abwehr führt, das – aus welchem Grunde auch immer – über kurz oder lang zu Ungunsten der Abwehr verschoben wird, was die erneute Exazerbation -meist mit Fistelbildung – zur Folge hat.

Die Aufklärung über Chancen und Risiken im folgenden Fall fiel leicht angesichts der Tatsache, dass nach zweimaliger, jeweils nur relativ kurzfristig erfolgreicher WSR in einem konservierenden Revisionsversuch die einzige Chance bestand, diesen endständigen Pfeiler zu erhalten, anstatt ihn unmittelbar zu extrahieren, mit all den negativen Folgen, die das für den Patienten bedeutet hätte.

Zahn 37 Anfang Juni 2003 bei Zustand nach erneuter Exazerbation nach 2. WSR mit deutlicher, druckdolenter vestibulärer Auftreibung (Klick!).

Die besondere Problematik dieses Zahnes besteht zum einen darin, dass er endständiger Pfeiler einer Brücke ist, die wir erst vor 6 Jahren ohne Revision der alten, klinisch beschwerdefreien WF trotz des nicht ganz koscheren Stiftes in der distalen Wurzel selbst eingegliedert haben. Das zweite Problem besteht darin, dass es sich um einen gegossenen, mit einem Stift in der distalen Wurzel verankerten, massiven Goldaufbau handelt.

Nachdem nun nichts mehr zu verlieren war, haben wir die Flucht nach vorne angetreten und die Krone und den Goldaufbau in Richtung der mesialen Wurzel trepaniert, was sich als nicht ganz unproblematisch herausstellte. Heilfroh, endlich zumindest den vestibulären Kanaleingang gefunden ohne den Zahn perforiert zu haben, haben wir zunächst darauf verzichtet, das Schicksal noch mehr herauszufordern, und auf das Aufsuchen des lingualen Kanaleingang verzichtet. Die Revision der Wurzelfüllung bis in den Entzündungsbereich hinein gestaltete sich hingegen einfach.

Anschließend haben wir die Wurzel während ca. 3 Wochen mit CHKM behandelt. Unter dieser desinfizierenden Therapie verschwanden die Schmerzen und die Klopfempfindlichkeit völlig und die vestibuläre Schwellung bildete sich deutlich zurück. Jedes mal, wenn wir den Zahn allerdings unter Einlage von CHKM verschlossen (insgesamt 3 mal) bildete sich – allerdings in erheblich reduzierter Form – erneut ein dumpfes Druckgefühl und eine leichte vestibuläre Druckdolenz verbunden mit einem deutlichen, unangenehmen Belastungsschmerz aus.

Ende Juni haben wir den Zahn dann mit Zauberpaste abgefüllt (Zusammensetzung siehe Zauberpaste 1) und provisorisch mit Watte/Zement verschlossen. Unter dieser Therapie verschwanden alle Beschwerden innerhalb kürzester Zeit und der Zahn war voll belastungsfähig, so dass er nach 3 Wochen mit Endomethasone abgefüllt werden konnte.

Zustand unmittelbar nach WF Ende Juli 2003 (Klick!)

Noch können wir (bis auf einen Fall) selbstverständlich über den Langzeiterfolg dieser Therapiemaßnahme keine Aussagen machen. Aber es scheint sich zumindest um eine Behandlungsmethode zu handeln, mit der es auch und gerade in verzweifelten Fällen gelingt, zunächst einmal für Ruhe an der Front und den Erhalt des Status quo der prothetischen Versorgung zu sorgen, was sie insbesondere für den Praktiker gelegentlich zu einem ganz besonderen letzten Pfeil in seinem Köcher machen kann.

Galerie: