Lehrmeinung ist, dass man apikale Zysten im Gegensatz zu Granulomen konservierend nicht ausheilen kann. Warum eigentlich? In anderen Fachbereichen gelingt das doch auch (z.B. Emarsupielisation).
Das Gegenteil ist natürlich ausgesprochen schwer zu beweisen, da ausgeheilte Zysten – wenn es denn gelingen würde- in der Regel einer Resektion nicht zugeführt werden. Und selbst wenn wäre der histologische Nachweis, dass ursprünglich eine Zyste vorgelegen hat, möglicherweise problematisch.
Bei dieser Patientin haben wir vor 5 Jahren versucht, die Aufhellung an 47 konservativ auszuheilen. Wir wollen um Himmels Willen nicht behaupten, dass es sich um eine Zyste handelte. Einiges spricht aber zumindest nicht dagegen, da die Aufhellung
- stark strahlendurchlässig und relativ scharf begrenzt und
- ziemlich rund war, sich
- beim „Anpiken“ mit der Feile reichlich blutig-seröses Sekret über die Wurzelkanäle entleerte, ein sekretgefüllter Hohlraum also in jedem Fall vorhanden
- war, der noch dazu unter einigem Druck stand, man
- im Röntgenbild auch noch den Eindruck hat, als sei der Alveolariskanal vor der Behandlung ein wenig nach kaudal verdrängt, was natürlich besonders den apikalen Verlauf betreffend auch ein Überlagerungsphänomen sein kann, wir meinen aber hier eher die kaudale Begrenzung, und
- die Delle im Kanalverlauf (oder die Überlagerung) nach vollständiger, röntgenologisch knochendichter Ausheilung unter kontinuierlicher Resorption des Sealers nach 5 Jahren verschwunden ist.
Dass man bei solchen Befunden überinstrumentieren muss, wenn man eine Ausheilung erreichen will, und den vorhandenen, mit Sekret angefüllten Hohlraum über den Wurzelkanal drainieren und desinfizieren muss, versteht sich von selbst. Dies um so mehr als in einer bemerkenswerten Studie von Tronstadt in neuerer Zeit nachgewiesen wurde, dass die seit mehr als 100 Jahren bestehende Lehrmeinung, das Granulom sei eine „bakterienfreie Zone“ nicht länger haltbar ist. Wie konnte man jemals so etwas annehmen? Zum einen fehlt die anatomische Struktur, wie sie etwa ein Lymphknoten darstellen würde, die eine bakterielle Besiedlung des Knochens aus der infizierten Wurzel heraus verhindern könnte. Zum anderen ist die Osteomyelitis, und die apikale Ostitis ist nichts anderes als eine beginnende Osteomyelitis, immer bakteriell infiziert.
Gegen ein Zyste spricht allein, dass für sie der röntgenologische Nachweis einer sogenannten „lamina dura“, also eine röntgenolgisch schmale, strahlendichtere Umgrenzung gefordert wird, die hier fehlt. Da in der Literatur jedoch angegeben ist, dass es sich bei einem nicht zu vernachlässigender Anteil der apikalen Aufhellungen um Zysten handelt, bleibt für uns, die wir praktisch keine Wurzelspitzenresektionen an von uns wurzelbehandelten Zähnen machen müssen, nur verwundert festzustellen, dass beherdete Zähne mit apikalen Zysten in unserer umfangreichen Klientel nicht vorzukommen scheinen.
Wenn man die beiden OPT’s vergleicht, sieht man an der Ausheilung der apikalen Aushellung von Zahn 35, dass es sich nicht um einen Sonntagsfall handelt, sondern dass das Timuktu-Protokoll vielmehr ausgesprochen zuverlässig funktioniert.