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Rationelle Mundhygiene

 

Karies, Gingivitis und Parodontitis sind die Grundkrankheiten unseres Fachgebietes und die Folge einer unzureichenden Mundhygiene der Patienten. So abgedroschen der Satz inzwischen auch klingen mag, ein sauberer Zahn wird nur ausnahmsweise krank.

Eine weitere Grundkrankheit sind die schlechten Gewohnheiten. Die Knirscher und Presser sind die Psychosomatiker der Zahnheilkunde. Und in der Allgemeinmedizin sind das immerhin ca. 40% der Patienten, die die Praxis mit Beschwerden jeglicher Art aufsuchen. Warum sollte das in der Zahnmedizin anders sein?

Im Kapitel "Rationelle Funktionstherapie" haben wir gelernt, dass die Kombination von unzureichender Mundhygiene und "schlechten Gewohnheiten" eine tödliche Kombination für das stomatognathe System darstellen.

Eine möglichst optimale Mundhygiene stellt darüber hinaus die Grundvoraussetzung für jegliche rationelle zahnärztliche Therapiemaßnahme dar, die von Erfolg gekrönt sein soll. So führt ein entzündetes Zahnfleisch in der Prothetik beispielsweise geradezu zwangsläufig zu einer schwierigen Abdrucknahme mit schlechtem Ergebnis, was wiederum eine schlecht passende Krone zur Folge hat. Absolut sinnlos erscheint es uns, mit großem technischen Aufwand ästhetisch und funktionell einwandfreie Kunststofffüllungen bei blutender Gingiva zu legen, selbst wenn man dazu aus Verzweiflung Kofferdam benutzt.

Der Zahnarzt sieht sich mit einer grotesken, geradezu schwachsinnigen Situation konfrontiert. Während die gesetzlichen Krankenkassen Milliarden aufwenden, um die Schäden einer schlechten Mundhygiene zu reparieren, müssen sie sich aufgrund  der geltenden gesetzlichen Bestimmungen weigern, die zahnärztlichen Bemühungen zur Vermeidung dieser Schäden adäquat zu honorieren. Es ist deshalb kein Wunder, dass in weniger als 5% der Praxen eine vernünftig und erfolgreiche Prophylaxe implementiert und organisiert ist.

Die erdrückende Mehrzahl der Zahnärzte befindet sich folglich in einer Situation wie Augenärzte, die sich weigern müssen, Brillen zu verschreiben und stattdessen Glasaugen zu verkaufen.

Viele Gurus und Funktionäre, die auf welche Weise auch immer irgendeinen gut dotierten Posten ergattert haben, der es ihnen ermöglicht, dumme Sprüche ohne Rücksicht auf ihren wirtschaftlichen Gehalt zu machen, verweisen als Ausweg aus dieser grotesken Situation auf die Kostenerstattung. Der Patient soll die Behandlung der Grunderkrankung gefälligst selber bezahlen. Dabei wird dann mit Summen hantiert, die die meisten Patienten überfordern, was sie davon abhält, an dem angebotenen Programm teilzunehmen. Redet man nämlich Tacheles mit den Kollegen, die versuchen, auf diese Weise ein professionell gemanagtes Prophylaxe-System in ihrer Praxis zu implementieren, so erfährt man schnell, dass nur eine Minderheit der Patienten in dieses System eingebunden ist, und dass sie bei der erdrückenden Mehrzahl der Patienten, die sich diesen Kosten verweigern, so weiterwursteln wie bisher.

Die Industrie ist natürlich auch zur Stelle und verkauft teure, überflüssige "Prophylaxe-Zimmer", die zu nicht anderem zu gebrauchen sind.  Wie man sich ein solches Zimmer einrichten kann, nur um die persönlichen Bedürfnisse einer ZMF zu befriedigen, können wir bis heute nicht nachvollziehen. Ökonomisch sinnvoll ist eine solche Vergeudung von Praxisflächen in keinem Fall. Sinnvoll ist es vielmehr, dass jedes Behandlungszimmer gleichzeitig auch Prophylaxe-Zimmer ist.

Es gilt also, einen Weg zu finden, der die Verhältnisse umkehrt und dazu führt, dass deutlich über 90% der Patienten in ein solches Prophylaxesystem erfolgreich eingebunden werden. Für eine solche Lösung ist Bescheidenheit sicher ein besserer Ansatz als Gier.

Wir sind sehr erfolgreich mit dem folgenden, moderaten Konzept, dass auf einer DIN-A-4-Seite Platz hat, von den Patienten verstanden und akzeptiert wird und -bis auf wenige Ausnahmen- von jedem unterschrieben wird, der unsere Praxis aufsucht. Wir bemühen uns, in jedem Fall indikationsgerecht zu therapieren. Das bedeutet, dass wir uns freuen, wenn beim Wiederholungsbesuch die Mundhygiene so gut ist, dass lediglich noch Fluoridierungsmaßnahmen für DM 19.50 erforderlich sind. In der Regel bezahlt der Patient aber DM 52,-. Alle sind zufrieden, die Abwertungen im ZE-Bereich sind kompensiert und unsere Damen gut ausgelastet.

Was glauben Sie, wer wirtschaftlich erfolgreicher ist? Derjenige, der weniger als 10% seiner Patienten mit hohem persönlichen Einsatz davon überzeugt, an seinem überteuerten und überfrachteten Prophylaxe-Sitzungen in einem Zu-sonst-nichts-Nutze-Zimmer teilzunehmen, oder derjenige, der mit einem einfachen Merkblatt deutlich über 90% seiner Patienten motiviert, sich die Zähne regelmäßig zum adäquaten Preis eines einfachen Haarschnitts professionell reinigen zu lassen? Länger als eine halbe Stunde sollte eine komplette, gründliche Sitzung eigentlich nicht dauern.

Die schönsten Momente erleben wir, wenn wir selbst am Empfang sitzen und die Anrufe der Patienten entgegennehmen müssen, weil alle unsere Damen in unseren vier zu-Allem-Nutze-Zimmern mit professioneller Zahnreinigung bei unseren Patienten beschäftigt sind.

 

Unser Merkblatt:

                                                                                                            Computer-Nr.:_____________

Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,

die wichtigsten Voraussetzungen für den langfristigen Erhalt Ihrer natürlichen Zähne oder Ihres Zahnersatzes sind das gesunde Zahnfleisch und eine optimale Mundhygiene. Um beides zu gewährleisten sind sorgfältiges tägliches Zähneputzen mit adäquaten Hilfsmitteln, eine gesunde Ernährung und eine regelmäßige  professionelle Zahnreinigung unabdingbar.

Für uns völlig unverständlich und nicht nachvollziehbar hat der Gesetzgeber den gesetzlichen Krankenkassen zum 01.01.2000  verboten, zahnärztliche Aufwendungen im Rahmen der  notwendigen   Prophylaxe-Leistungen für Erwachsene zu erstatten. Wir halten diesen Beschluss der rotgrünen Regierung medizinisch und volkswirtschaftlich für unsinnig und mit Blick auf die Volksgesundheit für überaus schädlich. Wir sind nämlich zutiefst davon überzeugt, dass diese Zahnerkrankungen vorbeugende Behandlung die Grundvoraussetzung für unsere erfolgreiche Arbeit und Ihre Zahngesundheit darstellt.

Es ist doch für einen durchschnittlich intelligenten Menschen in keinem Fall nachvollziehbar, dass jährlich Milliarden für Füllungen, Zahnersatz und Parodontitis-Behandlungen aufgewendet werden, die Anstrengungen zur Vermeidung dieser Erkrankungen von den gesetzlichen Krankenkassen Kraft Gesetz nicht honoriert werden dürfen. Dies um so mehr als Sie als Patient ja monatlich hohe Beiträge entrichten.

Mehr als 11 Jahre lang haben wir diese notwendigen Leistungen ohne Zuzahlung erbracht und über die Honorare für Zahnersatzleistungen subventioniert. Praxen mit vergleichbarem medizinischen Niveau berechnen dafür durchschnittlich DM 150,- pro Sitzung privat, in Einzelfällen bis zu DM 300,-.

Im Zuge der zahlreichen Strukturreformen der letzten Jahre sind die Honorare für Zahnersatz drastisch abgewertet worden, insgesamt um ca. 30%. Vordem Hintergrund steigender Praxiskosten bei sinkenden Honoraren und budgetierten Leistungsmengen sehen wir uns leider nicht länger in der Lage, diese personalintensiven Prophylaxe-Leistungen weiterhin zuzahlungsfrei zu erbringen.

Damit die Individualprophylaxe nicht nur Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr vorbehalten bleibt, sehen wir uns gezwungen, Ihnen diejenigen Positionen zu den Beträgen in Rechnung zu stellen, die wir für Kinder und Jugendliche über den Krankenschein abrechnen können:

 

IPE1

Mundhygiene-Status Erwachsene

DM 32.50

IPE2

Aufklärung über Krankheitsursachen und Motivation Erwachsene

DM 48.75

IPE3

Überprüfung des Übungserfolges und Remotivation Erwachsene

DM 19.50

IPE4

Langzeitfluoridierung Erwachsene

DM 19.50

IPE5

Versiegelung bleibender Zähne Erwachsene (pro Zahn)

DM 26.00

 

Je nach Mundhygiene-Zustand werden Sie also eine Rechnung zwischen DM 19.50 (nur Fluoridierung notwendig) und DM 120.25 (komplettes Hygiene-Programm erforderlich, ohne Versiegeln). Wir haben diesen individuellen Weg der Rechnungslegung gewählt, da wir einen hohen Pauschalbetrag angesichts des sehr unterschiedlichen Umfangs der notwendigen Behandlungsmaßnahmen für nicht gerechtfertigt halten.

Ihre Krankenkasse darf Ihnen diese Rechnung nicht erstatten, auch wenn sie es gerne möchte, und wie sie es in der Regel in 1999 auch bei mehr oder weniger großem Nachdruck auf freiwilliger Basis getan hat. Es macht deshalb auch keinen Sinn, sie dort einzureichen. Wesentlich sinnvoller ist es, Ihre Rechnung nach Begleichung unter Protest an Ihren Bundestags- und Landtagsabgeordneten zu senden und ihn auf das bestehende gesetzlichen Erstattungsverbotes hinzuweisen , das man kaum anders als schwachsinnig nennen kann.

Diese zwischen Ihnen und uns getroffene Vereinbarung gilt so lange, bis sie von Ihnen widerrufen wird.

Vielen Dank für Ihr Verständnis                                                               Unterschrift Patient  _________________________           

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