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Dokumentation 2

In der unten zitierten Studie wurden Zähne mit apikaler Peridontitis daraufhin untersucht, in wieweit Bakterien in den Dentin-Tubuli in drei verschiedenen Schichten (pulpennah, mittlere Entfernung, zementnah) nachgewiesen und angezüchtet werden können. In 77-87 % der Fälle waren die Dentintubuli bakteriell besiedelt. 

Das wesentliches Ergebnis der Untersuchung ist, dass in deutlich mehr als der Hälfte der Zähne (62%)  in den zementnahen Bereichen der Dentintubuli anaerobe und grampositive Bakterien nachgewiesen und angezüchtet werden können. In ca. 25% der Fälle wurden sogar sehr hohe Konzentrationen (> 50.000 koloniebildende Einheiten/mg) in den zementnahen Dentintubuli nachgewiesen. In den pulpennahen Bereichen wurden wesentlich höhere Konzentrationen nachgewiesen und die Artenvielfalt war deutlich gesteigert.

Kommentar:

Interessant ist ein Vergleich dieser Studie mit der Toxizitäts-Studie von CHKM von Chang et al., nebst dem auf die Veröffentlichung folgenden Kommentar in der DZZ. In diesem Kommentar wurde der Aufruf zum dringlichen Verzicht auf CHKM ja gerade damit begründet, dass dieses Desinfektionsmittel, wenn es in den Wurzelkanal eingebracht wird, schon nach kurzer Zeit auf der Oberfläche der Wurzel nachzuweisen ist, um hier seine in den Augen des Autors "unheilvolle Wirkung an den Desmodontal-Zellen" (gravierende Nebenwirkungen) zu entfalten, ein Effekt, der bei den "von der Wissenschaft erlaubten und protegierten" Keimkillern in unseren Augen "unglücklicherweise" nicht nachzuweisen ist.

Anhand der hier zitierten Studie von Peters et al. können wir jedoch lernen, dass offensichtlich gerade dieser voreilig kritisierte, hervorragende Kriech-Effekt des CHKM wünschenswert und notwendig  ist, um diejenigen Keime, die weit in die Dentintubuli vorgedrungen sind und dort überleben und sich vermehren können, weil sie sich  zwangsläufig einer mechanischen Aufbereitung entziehen, vor dem endgültigen Verschluss des Wurzelkanals sorgfältig zu eliminieren.

Spannt man den Bogen noch etwas weiter und bezieht diejenigen Studien mit ein, die die überlegenen Desinfektionswirkungen des CHMK auf bestimmte  insbesondere anaerobe Keime in der Endodontie belegen, auf die die von der Wissenschaft geduldeten Desinfektionsmittel nur eine geringe oder  keinerlei keimtötende Wirkung besitzen, dann wird deutlich, warum es sehr viel Sinn macht, alle Wurzelkanäle vor dem definitiven Verschluss mit CHKM sorgfältig zu desinfizieren.

Die hier beschriebenen Effekte erklären die häufigen Misserfolge der modernen Endodontie und ihre relativ häufigen Spät-Komplikationen (Nicht-Ausheilen von periapikalen Aufhellungen, Spätkomplikationen in Form von periapikalen Aufhellungen nach WF, schlechte Erfolgsquote von WSR, usw.)  mit weit größerer Wahrscheinlichkeit als die so oft bemühte Undichtigkeit von Restaurationen mit der Folge einer Reinfektion des Wurzelkanalsystems. In unseren Augen ist die Schlussfolgerung aus den vorliegenden Studien viel wahrscheinlicher, dass aufgrund fehlender oder mangelhafter Desinfektion der Dentin-Kanälchen insbesondere bei gangränösen Zähnen Keime in mechanisch nicht zugänglichen Bereichen überleben und sich vermehren können. In diesem Sinne besteht außer bei der lupenreinen VitE, die klinisch schwer oder gar nicht abzugrenzen ist, ohne eine solche sorgfältige Desinfektion vor dem endgültigen Verschluss, aufgrund der Persistenz von Bakterien zu jeder Zeit die Gefahr eines biologischen Gleichgewichts zwischen Angriff und Abwehr, die unter ungünstigen Bedingungen der Immunantwort jederzeit zu einer Verschiebung zu Gunsten des Angriffs und damit zur Exazerbation der Infektion und zum Verlust des wurzelbehandelten Zahnes führen kann. 

Für die Richtigkeit dieser Vermutung sprechen auch Untersuchungen an Leichen, die bei einem hohen Prozentsatz von zuvor als erfolgreich behandelt eingeschätzten wurzelgefüllten Zähnen, ein Persistieren der Entzündung im periapikalen Bereich nachgweisen haben. Dass diese Zähne zu Lebzeiten symptomlos geblieben sind legt die Vermutung nahe, dass ein solches biologisches Gleichgewicht am Periapex bestanden hat, welches eine Ausbreitung der Entzündung verhindert hat.

Letztlich geht es bei der Desinfektion vor abschließender WF immer und allein darum, unerwünschte Zellen (Bakterien) möglichst umfassend zu töten. Dass dieser therapeutischen Antwort auf eine externe Agression auch einige "unschuldige" körpereigene Zellen zum Opfer fallen ist bedauerlich, jedoch nicht zu vermeiden und auch in diesem Umfang (sehr begrenzte, lokale Anwendung) nicht sonderlich "schlimm". Wenn man zuverlässig verhindert, dass Bakterien überleben und sich vermehren können, ereicht man definitive Heilung und nicht nur ein labiles biologisches Gleichgewicht zwischen Angriff und Abwehr, dass sich jederzeit zugunsten des Angriffs verschieben kann, was zur Exzerbation führt. Die im Zuge dieser sorgfältigen Desinfektion abgestorbenen körpereigenen Zellen werden bei Abwesenheit von Krankheit leicht durch die körpereigene Regeneration ersetzt.

Typische Spätkomplikation in der Endodontie: WF aus 1995.  Das linke Bild zeigt den Zustand in 10/98 vor der prothetischen Versorgung wegen Kronenfraktur (Radix-Anker Größe II, Kunststoffaufbau in SÄT). Der Zahn war zu diesem Zeitpunkt völlig beschwerdefrei.  Das rechte Bild aus 08/2002 zeigt als Zufallsbefund bei völliger Beschwerdefreiheit die Exazerbation der Entzündung an der distalen Wurzel.  Dieser Befund spricht für die angesprochene  Persistenz von Keimen. Die Wurzelbehandlung hat nicht zur Ausheilung, sondern lediglich zu einem labilen Gleichgewicht von Angriff und Abwehr geführt, das durch die Manipulation drei Jahre später (Stift, Krone) zur Exazerbation aufgrund des Verschiebens des Gleichgewichts zugunsten des Angriffs geführt hat. Die als Erklärung so gerne bemühte "Reinfektion aufgrund der Undichtigkeit des Verschlusses", die so schwer oder gar nicht zu belegen ist, nichtsdestotrotz aber immer wieder gerne herangezogen  wird, weil sie so bequem ist, da sie den Endodontisten frei spricht, scheidet in diesem Fall mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus. Eine Via falsa des Stiftes aufgrund einer anatomischen Einziehung der Wurzel konnte bei der Resektion ausgeschlossen werden. Solche bedauerlichen Komplikationen können bei sorgfältiger Desinfektion durch CHKM vor dem endgültigen Verschluss mit sehr großer Sicherheit vermieden werden. Uns ist es bei den Fällen, die wir überschauen können,  in nunmehr 17 Jahren nicht ein einziges Mal passiert. 

Das einzige Mittel, das gezielt Bakterien töten und dabei körpereigene Zellen verschonen kann, ist das Antibiotikum. Die Nachteile einer systematischen und systemischen Anwendung von Antibiotika (Resistenz, Hospitalismus, Allergiesierung) lassen es allerdings ausgesprochen probat erscheinen, diese nur in Fällen anzuwenden, in denen andere, bei der lokalen Anwendung gleichwertig potente oder überlegene Desinfektionsmittel nicht zu Verfügung stehen. In der Endodontie ist das nicht der Fall.


Studie:

J Endod 2001 Feb;27(2):76-81 Related Articles, Books, LinkOut


Viable bacteria in root dentinal tubules of teeth with apical periodontitis.

Peters LB, Wesselink PR, Buijs JF, van Winkelhoff AJ.

Department of Cariology, Endodontology, and Pedodontology, Academic Center
for Dentistry Amsterdam, The Netherlands.

Two sets of teeth with apical periodontitis were collected at different
geographic locations to study the identity of bacteria left in the root
dentinal tubules. Root dentin of 20 of these teeth was cultured from three
locations between pulp and cementum (A, B, and C). In addition dentin from
eight teeth was examined histologically. Using the culturing technique
bacteria were found in 77% of the dentin samples from set 1 (Amsterdam) and
in 87.5% of the dentin samples from set 2 (Glasgow). At greater distance, in
layer C, from the pulp bacteria were found in 62% (13 of 21) of the dentin
samples. Twenty-three percent (3 of 13) of set 1 and 25% (2 of 8) of set 2
contained >50,000 colony-forming units/mg of dentin in layer C. In layers
closer to the pulp higher numbers of anaerobic bacteria and gram-positive
rods were found, as well as a larger number of bacterial species.
Histological sections showed bacterial penetration in dentinal tubules in 5
of 8 teeth. In the other three teeth where the colony-forming units/mg
recovered was <10,000, no histological signs of tubule penetration was seen.
It seems clear that, in more than half of the infected roots, bacteria are
present in the deep dentin close to the cementum and that anaerobic
culturing of dentin is more sensitive than histology to detect these
bacteria.

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