Ich habe mir gerade Ihr Endo-Konzept angesehen. Ich finde, dass Sie zu viele medikamentöse Einlagen verwenden, außerdem ja fast immer primär offen, was ich überflüssig finde. Offene Fälle habe ich in der Regel immer nur einen laufen. Bei mir nach wie vor in der Mehrzahl der Fälle, egal ob gangränös oder vital, CaOH2 und Verschluss in der 1. Sitzung (u. U. Inzision), Abschluß WK und WF u. Stiftaufbau in der 2. ca. 3 Wochen später. Offen lasse ich nur, wenn reichlich Pus kommt oder bei Exazerbationen. Dann spüle ich für 14 Tage 1 bis 2 mal täglich mit NaOCl. Was halten Sie vom Vermischen von Ca(OH)2 und CHKM, wie es ja in neueren Aufsätzen bei beherdeten Zähnen (Sequeira) propagiert wird?
Zähne, die länger als einen Tag bedingt (die Betonung liegt auf bedingt) offen sind, habe ich in der Regel höchstens 2 gleichzeitig, vielleicht habe ich aber auch mehr Fälle, so dass das prozentual aufs Gleiche rauskommt. Heute habe ich beispielsweise 4 Endos gemacht, und nur 1 ist davon offen geblieben (dicker Herd, bukale Knochenauftreibung. starke Klopfschmerzhaftigkeit). Ich denke mal, dass das so die Fälle sind, die Sie dann 14 Tage lang 1-2 mal am Tag mit NaOCl spülen. Ich sehe solche Patienten in der Regel nur 4-6 Mal. Von daher relativiert sich die Zahl der Med's zumindest in diesen Fällen.
Richtig ist, dass ich eine Menge Zähne habe, die für einen Tag bedingt offen sind. Dafür habe ich praktisch keine flare-ups, muss nicht schneiden (was ja nicht angenehm für die Patienten ist, also ich würde als Betroffener persönlich gerne darauf verzichten wollen) und werde nie abends, nachts oder am Wochenende angerufen. WSR's an eigenen wurzelgefüllten Zähnen praktisch 0. In schätzungsweise 99% der Fälle sind die Schmerzen nach Nachlassen der Anästhesie deutlich geringer als vor der Trepanation oder weg. Ganz selten Schmerzmittel oder Antibiotika. Meine Patienten brauchen auch nicht irgendwo zum Notdienst zu rennen. In der erdrückenden Mehrzahl der Fälle (80-90%) mache ich 3-4 Med's.
Ich würde auch nie behaupten, dass es sehr vielenFällen nicht auch mit weniger (1-2) Med's geht. Nichtsdestotrotz beruht mein Protokoll ja nicht auf einer göttlichen Eingebung, sondern auf jahrelanger Erfahrung, in der es sich entwickelt hat und aufgrund von Misserfolgen modifiziert wurde. Nach Ihrem Protokoll werden Sie -eine sorgfältige mechanische Aufbereitung vorausgesetzt- je nach Indikationsstellung zum Zahnerhalt wie die Gurus maximal bei 80-90% Langzeiterfolg hängen bleiben. Wenn Sie nur die beherdeten Zähne in Ihre retrospektive Studie einbeziehen, (je nach Indikation zum Zahnerhalt) wahrscheinlich eher bei 80. Das kann ich mir nicht leisten, weil ich sonst meine Prothetik im Grenzbereich vergessen könnte. Da muss ich mich auf den voraussagbaren Langzeiterfolg verlassen können und sehr, sehr dicht an 100% ran.
Dass ich CHKM heute bei jeder Endo und völlig unabhängig vom Ausgangsbefund anwende und zusätzlich eine provisorische WF mit Ca(OH)2 mache, liegt auch nicht an einer Umsatzbeteiligung bei der Fa. Haupt, sondern an der Erfahrung von Misserfolgen an Zähnen, bei denen ich das nicht gemacht habe. Sicher ist, dass ich CHKM auch in Fällen anwende, in denen man darauf verzichten könnte. Das Problem ist, dass ich keine sichere Möglichkeit habe, die einen im Hinblick auf den Langzeiterfolg von den anderen zu unterscheiden.
Was das Vermischen von CHKM und Ca(OH)2 betrifft, so ist das vielleicht ein guter Weg. Richtig ist aber auch, dass Ca(OH)2 nach der Aussage von Studien die Tubuli eher verstopft und somit die Kriechfähigkeit, die ja essentiell für die Desinfektion des ganzen Zahnes und ausgesprochen typisch für CHKM ist, eher behindert als fördert. Ich habe nichts gegen das Vermischen von Desinfektionsmitteln (viel hilft in diesem besonderen Fall wirklich viel), es würde mir aber schwer fallen, mein Protokoll zu ändern, weil ich damit meine Erfahrung über Bord schmeißen würde, die mich über die Jahre gelehrt hat, wie man ohne extremen technischen Aufwand unter Einbeziehung extremer Fälle ganz nahe an 100 % ran kommt. Da müsste ich erst entsprechende Langzeit-Studien sehen, die die Indikationsstellung zum Zahnerhalt offen legen Und die wird es so schnell nicht geben..
Man muss ja auch nicht meinem Protokoll folgen. Worauf es mir ankommt ist deutlich zu machen, dass es sicher im eigenen und im Interesse des Patienten ist, zusätzlich zu seinem eigenen Protokoll wenigsten eine Einlage mit reichlich CHKM unter provisorischem Verschluss (Watte, Cavit) für eine Woche bei Beschwerdefreiheit zu belassen. Das ist kein großer Aufwand und wird zwangsläufig die eigene Performance verbessern. Kann ja gar nicht anders.